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Imkerei rationell - Abriss einer
Entwicklung
Sowohl aus seinem Empfinden als auch
aus seinem Wissen heraus pflegte der Mensch den Umgang mit dem ”Bienenstock”
ursprünglich als ”Einheit”. Die Bienenvölker wurden vorwiegend in runden
”Beuten” (Bienenwohnungen, Behausungen) untergebracht, worin sie ihre Waben mit
den Wänden verbauten; das wird ”Stabilbau” genannt.
Entsprechend
der allgemeinen Landwirtschaft hat sich auch das Arbeitsfeld Imkerei in den
letzten 150 Jahren drastisch verändert.

Mitte
des 19. Jahrhunderts wurde die Erkenntnis, dass die Bienen ihre Waben
auch in rechteckige Holzrahmen bauen, für die allgemeine praktische
Anwendung weiterentwickelt. In einem quaderförmigen Kasten können
Holzrahmen in gleichmäßigem Abstand (35 bis 37 mm) lotrecht parallel
zueinander angeordnet werden. Hiermit war der ”Mobilbau” ”erfunden”.
Durch die nun einzeln beweglichen Waben kann das Bienenvolk in
Einzelteile zerlegt und fast beliebig neu kombiniert werden. Die
moderne Magazinimkerei arbeitet mit beweglichen Räumen (Zargen) mit
Rähmchen und Waben. Diese werden je nach Volksstärke, Jahreszeit und
Trachtsituation (Nektarangebot im Umkreis) zur Vergrößerung oder
Verkleinerung des Raumes aufgesetzt oder weggenommen. 
Die
Feststellung, dass Bienen mit Sechseckzellmuster vorgeprägte
Wachsplatten, welche in die Holzrahmen eingefügt werden, anstandslos zu
Waben ausbauen, erweiterte die Möglichkeiten des Imkers zusätzlich, den
Wabenraum des Bienenvolkes nach Belieben zu manipulieren.
Ein
nächster Schritt war die Entdeckung der ”Nachschaffung”. Das ist die
Fähigkeit der Bienen, in Notsituationen (Verlust der eierlegenden
Königin) aus schon in Arbeiterinnenbrutzellen der Waben gelegten Eiern,
aus denen Arbeitsbienen wachsen würden, ersatzweise neue Königinnen
nachziehen zu können. Normalerweise legt die Königin, wenn ein Volk in
Schwarmstimmung kommt, in eigens dafür am Wabenrand von den Bienen
errichteten ”Schwarmzellen” jeweils ein Ei. Daraus wächst dann eine
neue, junge Königin heran, woraufhin aus dem Volk über Schwärme neue
Völker entstehen. Die Entdeckung der ”Nachschaffung” wird seit Beginn
des 20. Jahrhunderts zunehmend systematisch für Zucht und Zuchtauslese
bei den Bienen benutzt. Der Imker nimmt jüngste Maden aus
Arbeiterinnenbrutzellen heraus und legt sie in künstlich geschaffene
”Weiselzellen” (Weisel = Königin). Dadurch kann er relativ einfach und
willkürlich aus einem ausgewählten Volk beliebig viele neue Königinnen
heranziehen lassen. Mit diesen Königinnen wiederum kann er durch die
Beweglichkeit der Waben neue Volkseinheiten aufbauen. Da die Königin
aktuell auch Trägerin des Erbstromes ist, wird dadurch eine
Zuchtauslese erheblich erleichtert.
Im Bienenvolk leben neben
vielen Arbeitsbienen (im Sommer zeitweilig bis zu 40.000) und einer
Königin während der Sommerszeit noch mehrere hundert ”Drohnen”
(männliche Bienen). Diese haben im wesentlichen die Aufgabe, junge
Königinnen zu begatten. Naturgemäß fliegen junge Königinnen ein oder
mehrmals zu einem ”Hochzeitsflug” aus, wobei sie an sogenannten
”Drohnensammelplätzen” fliegend nacheinander von durchschnittlich 10
bis 20 Drohnen begattet werden. Diese wiederum suchen die Plätze aus
weitem Umkreis auf.
Vor etwa 50 Jahren wurde auch die
künstliche Besamung der Bienenköniginnen mit dem Sperma ausgesuchter
Drohnen entwickelt, wodurch nun jede Stufe von Zucht und Vermehrung in
die Hand der Imker gegeben war.
In Mitteleuropa hatte sich
nach der letzten Eiszeit die Honigbienenrasse Apis mellifera mellifera
ausgebreitet und sich den hiesigen klimatischen Bedingungen angepasst.
Durch willkürliche Einfuhr und spontane Verkreuzung mit vor allem
südeuropäischen Bienenrassen wurden die Eigenschaften der hier
bodenständigen Bienen gegen Ende des 19. Jahrhunderts verdorben. Folgen
waren verstärkte Unruhe, Schwarmneigung und Distanzbereitschaft
(Aggressivität). Durch gezielten Aufbau von Zuchtstationen, Verteilung
von Zuchtköniginnen an die Imker und Verdrängungskreuzung wurde diese
Biene seit 1930 fast völlig durch die Rasse Apis mellifera carnica
ersetzt. Die Handhabungseigenschaften (Sanftmut, Wabenstetigkeit,
Frühjahrsentwicklung, Sammeleifer, Schwarmverhalten usw.) dieser aus
Österreich (Kärnten) stammenden ”Krainer” Lokalrasse wurden durch die
Imker als günstiger eingeschätzt.
Hieraus kann deutlich
werden, daß in der Imkerei die gleiche Entwicklung stattgefunden hat,
wie in der allgemeinen Landwirtschaft. Es läßt sich exemplarisch
zeigen, welche Möglichkeiten die analytische Wissenschaft und die
daraus gewonnenen Verfahrensweisen dem Menschen für den Umgang mit dem
Leben geben:
Einschränkung der Lebensfunktionen auf definierte Ertragsziele,
Mechanisierung
der Arbeitsabläufe durch Vereinheitlichung der Produktionstechnik,
Minimierung des Arbeitszeitaufwands pro Produktionseinheit und
Jahr.
Aber sie bietet auch tiefe Einblicke in die sonst verborgenen
Lebensabläufe eines komplexen Organismus und die Grundlage für eine
bewußt geführte Erkenntnis des Bienenwesens